Der 20 qm Jollenkreuzer

Technische Daten

Länge über alles: max. 7,75 m
Breite: max. 2,50 m
Gewicht (segelfertig): min. 730 kg
Schwertgewicht: max. 25 kg
Gesamtsegelfläche am Wind: max. 30 m²
Spinnaker: max. 55 m²
   
Material  
Rumpf: Holz, Kunststoff oder Stahl
Deck: Holz, Kunststoff oder Stahl
Mast und Spieren: Aluminium oder Holz

Modell

Technische Zeichnung

Zur Geschichte des 20qm Jollenkreuzers

In der Zeitschrift „Segelsport“ vom 16. Juni 1921 ist zu lesen, dass die Festsetzung von Vorschriften für eine 20 qm Jollenkreuzer- Klasse durch den Berliner Kleinsegler- Verband erfolgt sei. „Man habe Erwartungen, dass sich der 20 qm - Jollenkreuzer besonders im Binnenbereich verbreiten wird.” 1923 veröffentlichte auch der Deutsche Segler- Bund Bauvorschriften für einen 20qm- Jollenkreuzer. Nach der Zwangsvereinigung der verschiedenen Segler- Verbände  im Deutschen Segler - Verband 1934 wurde das Klassenzeichen R verbindlich. Wie genau die damaligen Annahmen über die Perspektiven eines Zwanzigers an der Wirklichkeit liegen sollten, ist, fast einhundert Jahre nach dieser Prognose, bewiesene Realität. In Deutschland wird dieses rasante Binnenboot in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig- Holstein, Sachsen- Anhalt und Nordrhein- Westfalen, also von Nord bis Süd gesegelt.

Der Zwanziger findet sich auch in Österreich, hier vornehmlich am Neusiedler See. Ebenfalls hat er eine lange Tradition in der Schweiz. Hier gibt es offizielle Flotten am Murtensee, Zürichsee, Bielersee und Bodensee, die der ASPYK angehören. Dazu gesellt sich die von der Schweizerischen Klassenorganisation (ASPYK) unabhängige FNYK (Flotte des Neuchchateloise des Yollenkreuzer).

Der Status als Konstruktionsklasse lockte die bekanntesten Yachtkonstrukteure, vom legendären Reinhard Drewitz über Brandt, Grunewald, Theo und Manfred Ernst bis zu van de Stadt, Nissen, Schreiber oder Judel, Boote mit dem großen R im Segel nach modernster Version zu kreieren. Auf bekannten Werften wie Kother, Schreiber, Bopp & Dietrich, Dannhus, Christen, Bergner oder Herbst entstanden nach deren Pläne wahre Schmuckstücke. Berühmtester Besitzer eines Zwanzigers ist ohne Zweifel Albert Einstein gewesen. Er bekam ein solches Boot zu seinem 50. Geburtstag von den Mitgliedern der Berliner Handelskammer geschenkt. Sein „Tümmler“, von dem noch der maximale Tiefgang von 1,25 m überliefert ist, lag am Schwielowsee in Caputh, unweit von Potsdam. Der Ursprungsgedanke sah den 20 qm Jollenkreuzer so, „dass die Jollenkreuzer einzig und allein Wanderboote sein können.“ Nur wenig später war diese Auffassung ad acta gelegt. Er sollte auch Rennboot sein, aber mit der Maßgabe, dass er auch immer noch ein „Wochenendboot“ sein sollte.

Diese Philosophie bestimmte den Zwanziger in den mehr als neun Jahrzehnten seiner Existenz immer, bis auf den heutigen Tag. Nationale Titelkämpfe tragen die Zwanziger seit den fünfziger Jahren aus. Verbrieft für den Osten Deutschlands ist dabei die erste Meisterschaft 1954 in Schwerin. Im Westen hatte sich Mitte der fünfziger Jahre auf Initiative von K.H. Müller vom Berliner SC Gothia eine Klassenvereinigung gegründet. 1958 wurde an der Schlei die erste Meisterschaft ausgesegelt, übrigens unter skeptischem Vorbehalt des DSV, wegen der „ungleichen Waffen“, sprich, weil der 20er eine Konstruktionsklasse ist. Obwohl es noch keine Mauer gab, gemeinsame Meisterschaftsteilnahmen von Ost und West gab es nicht. Vergleiche blieben, wie in fast allen Bootsklassen, auf die jährlich in der Viersektorenstadt Berlin alternierend auf Wannsee und Müggelsee stattfindenden Frühjahrs- und Herbstwochen beschränkt. Die ersten Meister waren im Osten die Berliner Briese, Briese, Ulbrich auf R 175, im Westen A. Blankenfeld und Crew auf dem Grunewaldriss R 402. Berühmtestes Boot dieser Zeit war aber wohl der von dem Berliner Günther Brandt bereits 1947 gezeichnete und in Berlin- Köpenick 1950 vom Stapel gelaufene R 15 („Bieleken“), der von W. Bornemann, A. Blankenfeld und W. Fiebing gesegelt wurde. Er war wohl auch der erste 20er, der nur mit dem Blick auf die Regattasegelei gebaut wurde. Gewicht 800 kg, Breite 2,44 m, Länge 7,72 m. Besonders die Breite- für damalige Verhältnisse revolutionär!

Am 21. Mai 1982 tritt die Deutsche Klassenvereinigung der 20qm- Jollenkreuzer der am gleichen Tag in Engelberg/ Schweiz gegründeten Internationalen Klassenvereinigung der 20qm- Jollenkreuzer bei. Mehr als vierzig Jahre ist es auch her, dass sich Schweizer, Österreicher und Deutsche am Bodensee trafen, um ihren ersten internationalen Meister auszusegeln. Bis heute steht die Europameisterschaft bzw. nach Lesart des Deutschen Segler- Verbandes als Euro- Cup tituliert, alle zwei Jahre alternierend in einem der drei Länder im Wettfahrtkalender.

Der 20qm Jollenkreuzer ist in seiner Entwicklung bis in die Gegenwart so stabil, dass sein Status als größte Schwertbootklasse, in der  Meisterschaften bzw., mit der Zeit gehend -  German Open - ausgetragen werden, derzeit unangefochten ist. Rund einhundert Steuerleute beteiligen sich in den letzten Jahren an den ausgeschriebenen Ranglistenregatten, davon bestreiten etwa 50 % neun und mehr Wettfahrten pro Saison. Die Teilnehmerfelder bei den erwähnten Meisterschaften bewegen sich um die dreißig bis vierzig Boote. Nach wie vor ist er auch ein Fahrtenboot das im besonderen Maße universell einsetzbar ist, von den tiefen bayerischen Seen bis zur Mecklenburgischen Seenplatte mit ihren flach auslaufenden Ufern.